Schöne Fahrräder

Tout Terrain Metropolitan Xplore

Gates, Pinion, Stahl – Ein Traum von Rad

Es passiert nicht oft, dass ich vor einem Schaufenster meine Nase platt drücke, doch das Tout Terrain Metropolitan sprang mir sofort ins Auge: 26″ Stahl-Touring-Rahmen mit 18-Gang Pinion Tretlagergetriebe und Gates Riemenantrieb. Eine Probefahrt im Fahrradzentrum Oldenburg wurde umgehend vereinbart und nun folgt der Bericht.

636% Gesamtübersetzung

Pinion 18-Gang Tretlagergetriebe

Diese Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Keine andere Fahrradschaltung bietet ein so großes Übersetzungsverhältnis und das bei konstanter Abstufung ohne Gangüberschneidungen. Zum wartungsarmen Tretlagergetriebe kommt eine komplett gekapselte Bauweise. Schmutz kann dem Getriebe nichts anhaben. Das High-Tech Getriebe arbeitet im Ölbad und ist für eine Laufleistung von 60.000 km ausgelegt. Es wird seit 2006 entwickelt und bereits von über 50 Herstellern verbaut. Völlig wartungsfrei ist natürlich auch dieses Getriebe nicht. Ein Ölwechsel (60ml) wird alle 10.000 km oder einmal im Jahr wird empfohlen.

Auffällig beim Tout Terrain ist die ungewöhnliche Getriebeaufhängung. Das patentierte System ermöglicht die einfache Verstellung des Tretlagermittelpunktes zur Ketten- bzw. Riemenspannung, ähnlich eines Exzenter-Tretlagers. Das Hinterrad bleibt durch eine fixe Achsaufhängung (leider keine Steckachse) immer präzise im Rahmen und kann sich nicht verstellen. Dies ist besonders für den Riemenantrieb wichtig, da dieser eine exakt parallele Stellung der Ritzel verlangt.

Kohlefaser statt Kette
Mit dem Gates Carbon Drive fettfrei durchs Ritzel

Gates Carbon Drive / Riemenantrieb

Nie wieder schmutzige Finger oder eine dreckige Kette — diesmal könnte sich der Riemenantrieb endlich durchsetzen. Neu ist die Idee eines kettenlosen Antriebes freilich nicht, doch Gates hat den Riemenantrieb zur Praxistauglichkeit weiterentwickelt. Der Carbon Drive ist robuster, leiser und erfordert weniger Wartung als eine Kette. Und wo kein Fett oder Öl im Spiel ist, haftet auch kein Schmutz. Seit kurzem sorgt eine Führungsfuge dafür, dass der Riemen auch nicht mehr ablaufen kann.

Auf zur Testfahrt

Tout Terrain Metropolitan

Auf den ersten Metern fällt ein sehr direktes Ansprechverhalten auf. Verantwortlich sind neben dem Riemen auch eine Hinterradnarbe mit vielen Sperrklinken. So wird die Tretenergie ohne „Leerlauf“ direkt aufs Hinterrad übertragen. Allerdings verursachen die vielen Klinken im Freilauf auch ein ungewohnt „feines Surren“. Ich müsste mich an solch ein Geräusch erst einmal gewöhnen. Dennoch, das Fahrerlebnis ist absolut überzeugend und die Schaltung macht richtig Spaß. Die Gänge lassen sich in komplett durchschalten, auch im Stehen.

Ein weiteres Detail fällt am Tout Terrain auf: ein mit dem Rahmen fest verschweißter Gepäckträger. Auch andere Hersteller bauen solche Rahmen und der Stabilitätsgewinn lässt sich nicht leugnen. Allerdings bin ich skeptisch, wie sich der Rahmen bei einem Sturz verhält. Ein normaler Gepäckträger kann sich als „Sollbruchstelle“ problemlos verbiegen. Hier besteht die Gefahr des kompletten Rahmenverzugs. Aber gut, je nach Sturz kann immer alles kaputtgehen.

Auch die restlichen Komponenten sind über jeden Zweifel erhaben: Shimano LX Scheibenbremsen werden auch längere Bergabfahrten verkraften und für ausreichend Licht sorgt der Supernova Scheinwerfer.

Fazit – Ein Rad für die Weltreise

Selten hat mich an Rad auf Anhieb so überzeugt und für die große Reise fällt es in die engere Auswahl. Einziger Wermutstropfen ist der Preis. Mit über 4.500 EUR ist es eine große Investition, auf die man gut aufpassen sollte. Kostentreiber sind vor allem das Getriebe und der Riemenantrieb. Pinion hat kürzlich auch eine günstigere 12- und 9-Gang Schaltung veröffentlicht. Tout Terrain bietet sie z. B. auch im „Metropolitan“ an. Für ein wartungsarmes, urbanes Pendlerrad ist diese Schaltung vollkommen ausreichend.

Wer hat Erfahrungen auf langen Strecken mit einem Gates-Antrieb oder dem Pinion-Getriebe machen können? Über Eure Erfahrungen freue ich mich in den Kommentaren.

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